Nachtflug (Night-VFR): Faszinierend aber anspruchsvoll

Nachtflug bedeutet, dass man nach Sichtflugregeln während der gesetzlichen Nachtzeit fliegt – also ab 30 Minuten nach Sonnenuntergang bis 30 Minuten vor Sonnenaufgang. Diese Art des Fliegens bietet besondere Eindrücke: Städte, Dörfer und andere Luftfahrzeuge sind schon von weitem durch ihre Lichter erkennbar, und das Flugzeug fliegt aufgrund der fehlenden Thermik oft besonders ruhig. Gleichzeitig ähnelt der Ablauf teilweise dem Instrumentenflug, da man vor allem beim Start und bei Kursänderungen stärker auf die Instrumente angewiesen ist.

Gefahren und Risiken
Beim Nachtflug muss allerdings mit einigen besonderen Herausforderungen und Risiken gerechnet werden. Ein Motorausfall ist im Dunkeln deutlich kritischer, weil kaum geeignete Notlandefelder erkennt werden können. Ausserdem besteht die Gefahr, Hindernisse oder Höhenzüge zu spät zu sehen, weshalb Sicherheitsmindesthöhen strikt einhalten werden müssen. Optische Täuschungen – wie der „Black-Hole-Effekt“ beim Anflug über unbeleuchtetem Gelände – können ein falsche Einschätzungen der Höhe vortäuschn. Das menschliche  Auge benötigt etwa 30 Minuten, um sich vollständig an die Dunkelheit zu gewöhnen, und grelles Licht kann diesen Effekt sofort zunichtemachen. Hinzu kommt, dass durch den fehlenden natürlichen Horizont Piloten leichter schwindlig werden kann oder die räumliche Orientierung verloren geht. In solchen Situationen ist es wichtig, konsequent den Instrumenten zu vertrauen.

Auch das Wetter spielt eine noch wichtigere Rolle als am Tag. Eine geringe Differenz zwischen Temperatur und Taupunkt erhöht die Gefahr von Nebel oder Dunst, und VFR-Flüge „on top“ sind bei Nacht grundsätzlich tabu. Deshalb sollten die persönlichen Wetterminima für den Nachtflug verdoppelt oder sogar verdreifacht werden.

Berechtigung für den Nachtflug
Es handelt sich um eine besondere Form der VFR-Fliegerei, die eigene gesetzliche Vorgaben, Ausrüstung und Trainingsanforderungen hat. Night-VFR bezieht sich auf das Fliegen nach Sichtflugregeln bei Nacht, was eine Nachtflugberechtigung (NIT) erfordert. Diese Zusatzqualifikation für Privatpiloten (PPL) ermöglicht Flüge in der Dunkelheit, die sonst zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang nicht erlaubt wären. Die Ausbildung umfasst mindestens fünf Flugstunden, darunter Überlandflüge und Landungen, und wird in der Regel ohne eine zusätzliche Prüfungsflug erforderlich in den Pilotenschein eingetragen.

Planung und Durchführung
Insgesamt ist der Nachtflug eine besonders eindrucksvolle, aber auch anspruchsvolle Form der VFR-Fliegerei. Mit sorgfältiger Vorbereitung, der richtigen Ausrüstung und einem klaren Bewusstsein für die speziellen Risiken kann er jedoch zu einem faszinierenden Erlebnis werden. Es ist wichtig, in der Lage zu sein, das Flugzeug bei Nachtflügen allein mithilfe der Instrumente sicher zu kontrollieren. Manche Nächte sind so dunkel, dass sich der Flug in der Praxis nahezu wie reiner Instrumentenflug anfühlt.

Die Flugroute sollte zudem so geplant werden, dass im Falle eines Triebwerksausfalls eine Landung möglich ist. Mit den üblichen Landescheinwerfern sind nur die letzten Meter über dem Boden sichtbar, weshalb eine Strecke über möglichst landungsfähige Gebiete gewählt werden sollte. Und nicht zuletzt gilt auch bei Nachtflügen: Höhe ist immer dein Freund.

Planung des Nachtflug: Die PAVE-Checkliste
Die PAVE-Checkliste ist eine präventive Sicherheitskontrolle, die das Risiko vor einem Flug systematisch bewertet. Sie hilft, bewusst Entscheidungen zu treffen und zu erkennen, wann ein Flug verschoben oder abgesagt werden sollte. Viele Piloten verwenden die PAVE-Checkliste, wenn sie sich auf einen Flug vorbereiten. Diese kannst du aber auch für normale Flüge verwenden.

P – Pilot

  • Erforderliche Nachtflugberechtigung?

  • Erforderliche Aktualität und Nachtlandungen?

  • Ausgeruht und aufmerksam (größere Ermüdung am Abend)?

  • Vorbereitet auf verminderte Tiefenwahrnehmung und Nachtflugillusionen?

  • Ist Ihre Sehkraft so gut wie bei Ihrem letzten Flug?

A – Aircraft (Flugzeug)

  • Richtig ausgerüstet und flugtauglich für Nachtflüge?

  • Erhöhte Treibstoffreserve für den Fall einer Umleitung?

  • Persönliche Ausrüstung für Nachtflüge?

V – Environment (Umgebung)

  • Wetter – eingeschränkte Sicht und Wolken?

  • Gefahr von Vereisung?

  • Ist mit Mondlicht zu rechnen oder wird es völlig dunkel sein?

  • Verläuft die Route über beleuchtete Gebiete (Siedlungen) oder völlig dunkle Gebiete (Meer, Wald oder Berge)?

  • Sind Start- und Zielort ausreichend beleuchtet?

  • Habe ich eine Route mit potenziellen Notlandungsgebieten gewählt?

E – External Pressure (Externer Druck)

  • Zeitdruck, um zum Startflughafen zurückzukehren?

  • Habe ich den Passagieren realistische Erwartungen vermittelt?

Kurz gesagt: Nacht = höheres Risiko. Plane immer zusätzliche Reserven für Wetter, Treibstoff, Höhe und Entscheidungszeit ein.


Seite teilen