Fliegen im Gebirge: Wenn der Talwind zum Bergwind wird

Das Fliegen in den Alpen ist etwas vom Schönsten, das es in der Fliegerei gibt. Doch das Wetter kann uns da schnell mal einen Strich durch die Rechnung machen, und das sogar dann, wenn „blue sky“ vorherrscht! Wir sprechen im Folgenden also nicht von schlechter Sicht, tiefer Bewölkung oder gar Gewittern, sondern von der eher unsichtbaren meteorologischen Gefahr, nämlich den Winden.

Aus den Lehrbüchern kennen wir die Hangwindzirkulation: die Sonne bescheint einen Hang, der sich und die Luft darüber erwärmt, die folglich aufsteigt und Luft aus den tieferen Schichten nachzieht. Etwas komplizierter wird es mit der Berg- und Talwindzirkulation, weil hier auch die unterschiedlichen Neigungen resp. die Topografie und der Talquerschnitt eine Rolle spielen. Ich einem engen Tal mit stark zur Sonne geneigten Hängen wird die darin liegende Luft stärker erwärmt als in einer vergleichswiese ebenen Fläche respektive weitem Tal.

In den Schweizer Alpen kommt es vielerorts vor, dass zwei unterschiedliche Täler bezüglich den genannten Faktoren zu einem Pass zusammen laufen. So strömt die Luft in einem Tal viel stärker Richtung Pass als im anderen, was dazu führen kann, dass der stärkere Talwind den schwächeren Talwind nach Überfliessen des Passes verdrängt und so zum Bergwind wird! Der bekannteste Bergwind ist der Maloya-Wind. Hier verdrängt der kräftige Bergeller Talwind nach Überfliessen des Maloya-Passes den eher schwachen Talwind des Oberengadins. So weiss der erfahrene Pilot, dass er bei einem Start in Samedan auf der Piste 21 an schönen Tagen in ein Lee kommt, wenn er weiter Richtung St. Moritz fliegen würde. Dieser erfahrene Pilot lernt aber auch in seiner Ausbildung, dass er zuerst Höhe gewinnen muss, bevor er in das ansteigende Oberengadin Richtung Maloya fliegt. Neben diesem bekannten Beispiel gibt es noch duzende weitere Pässe, bei welchen eine fluggefährliche Leewind-Situation entstehen kann (Oberalp, Furka, Grimsel, Simplon um nur einige wenige zu nennen).

Die Taktik des überhöhten Einfliegens (mindestens Passhöhe plus 1000ft) in ein ansteigendes Tal mit Überflug des Passes ist ein wichtiger Grundsatz, um genau solch gefährliche Leewindsituationen (neben der schlechten Steigleistung aufgrund der hohen Density Altitude) zu vermeiden.


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