Meldewesen oder Reporting. Man kann es nennen, wie man will. Es geht letztlich nur nur um eines, Sicherheitskultur!

Sei es im Kernkraftwerk, bei einer Herztransplantation oder im Cockpit einer Jodel bei der Landung (siehe Beiträge «Lesson learned»), an allen Orten lauert unausweichlich die Gefahr, dass die Dinge nicht wie geplant ablaufen oder Fehler gemacht werden. Fehler können jedem Menschen oder in jeder Organisation passieren, das liegt in der Natur der Sache. Der Umgang mit Fehlern oder ungeplanten Entwicklungen in der Aviatik hat in den letzten Jahren ganze Heerscharen von Experten, Juristen und gar Politikern beschäftigt. Da mag sich einer fragen, warum so kompliziert, wenn es einfach geht. Fakt ist, es gibt gesetzliche Vorschriften, wie bei Unfällen und Vorfällen zu verfahren und was zu melden ist. Nicht zu unterschätzen ist auch die kommunikative Komponente.

Vorfälle und Unfälle melden, warum eigentlich?
Das kommerzielle Fliegen wird immer sicherer. Diese positive Entwicklung im kommerziellen Lufttransport ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen, unter anderm auch auf wichtige Erkenntnisse aus Vor- und Unfällen. Ein kontinuierliches «Occurrence-Reporting» zur Verbesserung der Sicherheit ist daher auch essentiell für die allgemeinen Luftfahrt.
Eine gute Meldekultur bedeutet, ein Umfeld zu schaffen, in der Personen sich trauen, Sicherheitsbedenken zu melden, ohne Angst vor Schuldzuweisungen zu haben. Die Meldenden müssen wissen, dass die Vertraulichkeit gewahrt wird und dass auf die von ihnen übermittelten Informationen reagiert wird, andernfalls werden sie entscheiden, dass ihre Meldung keinen Nutzen hat.

Alle unter Art. 4 der Verordnung (EU) Nr. 376/2014 fallenden Ereignisse, von bemannten und unbemannten Luftfahrzeugen sind nach Art. 20 LFG innerhalb von 72 Stunden ab Kenntnisnahme über das Meldeportal an das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) zu melden. Das BAZL hat für die General Aviation (GA) einen Leitfaden zur Benutzung des Meldeportals erstellt.

Meldung von Ereignissen gemäss Verordnung (EU) 376/2014 (admin.ch)

Übrigens, das Meldeportal kann auch für freiwillige Meldungen (ehemals SWANS) verwendet werde.

Im Zweifelsfall gilt: Lieber einmal mehr melden als gar nicht.

Unfälle und schwere Vorfälle von bemannten Luftfahrzeugen auf Schweizer Hoheitsgebiet oder von in der Schweiz eingetragenen Luftfahrzeugen im Ausland müssen zusätzlich nach Art. 23 LFG in Verbindung mit Art. 17 VSZV unverzüglich an die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) über den telefonischen Meldeweg (in der Schweiz 1414, aus dem Ausland +41 333 333 333) gemeldet werden. Bei Unsicherheiten gilt hier auch: lieber einmal zu viel bei der SUST melden als gar nicht. Der diensthabende Untersuchungsleiter wird sich umgehend mit dem Fragesteller in Verbindung setzen und eine Entscheidung bezüglich des weiteren Vorgehens fällen.

Was passiert mit den Vorfallmeldungen bei den Behörden?
Eine oft vorangeführte Kritik am Meldewesen ist, dass Vorfälle zwar gemeldet werden, aber dann doch nichts passiert.

Die Schweizer Luftfahrtakteure melden dem BAZL Vorfälle, welche das Potenzial haben, die Sicherheit der Zivilluftfahrt zu beeinträchtigen. Diese Ereignisse werden vertraulich behandelt und in anonymisierter Form in einer Datenbank erfasst. Sowohl die SUST als auch das BAZL analysieren sämtliche Vorfall-/Unfallmeldungen und definieren wo notwendig weitere Massnahmen.
Erkenntnisse aus Meldungen, die für Teilnehmer des Zivilluftfahrtsystems lehrreich sein können, werden im Rahmen von «Lessons Learned from Occurrence Reports» oder «SAND» im Internet via Stay Safe publiziert. Dies mit dem Ziel, in Zukunft gleiche oder ähnliche Ereignisse zu verhindern.

Die Vorfallmeldungen werden auch zur Festlegung von strategischen Zielen des BAZL im Swiss Aviation Safety Plan (SASP) verwendet, der die Schwerpunkte für die kommenden fünf Jahre aufzeigt. Die Entwicklung der Situation wird dann mit Hilfe des Annual Safety Report (ASR) überwacht, in dem fortlaufende Trends analysiert werden.

Ein Grossteil der Vorfälle haben oftmals keine direkten Sicherheitsmassnahmen zur Folge. Bei anderen Ereignissen werden sicherheitsteigernde Massnahmen definiert, wie das nachfolgende Beispiel zeigt: Dank einer Vorfallmeldung (Airprox Flugzeug – Fallschirmspringer) ans BAZL wurden die involvierten Stellen darauf aufmerksam, dass die Flugwege sich möglicherweise kreuzen. Aufgrund dieser erfolgten Meldung wurde die Gesamtsituation vor Ort überprüft und man ist zum Schluss gekommen, dass nicht gleichzeitig IFR-Anflüge stattfinden und Fallschirmspringer in der dafür vorgesehenen Para-Box abgesetzt werden können. Diese Vorfallmeldung hat dazu geführt, dass das Verfahren geändert wurde. Mittels Safetyletter und einem zusätzlichen Amendment im AIP (erschien Ende Jahr 2022) konnte die kritische Situation entschärft werden.

Gemeinsam über Fehler reden und daraus lernen!
Wir lieben unser Hobby, das Fliegen. Deshalb muss uns jedes Mittel recht sein, diese sicher zu betreiben. Nebst den gesetzlichen Vorschriften gibt es auch noch eine andere, wirksame Methode im Umgang mit Ereignissen in der Aviatik. Sowohl Stay Safe als auch die Aerorevue betreiben mit der Rubrik «Lesson learned» ein alternatives Mittel, wie mit Fehlern, Erfahrungen und Erkenntnissen aus dem Fliegeralltag umgegangen werden kann. Dabei stehen die Sensibilisierung und der Austausch im Vordergrund. Wer also Vorfälle oder seine Geschichte meldet, leistet immer einen sehr individuellen aber wichtigen Beitrag zur Erhöhung Safety in der Aviatik und unterstützt auf diese Weise eine gut funktionierende Sicherheitskultur.


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