Was bei Nachtflügen zu beachten ist
Letzte Woche haben wir bei euch nachgefragt, worauf ihr bei der Vorbereitung eurer Nachtflüge achtet. Leider haben wir keine Rückmeldungen erhalten. Trotzdem (oder gerade deshalb) möchten wir euch nun einige Tipps weitergeben, die das Portal Skybrary veröffentlicht hat. Der Artikel beinhaltet zudem einige weiterführende Links. Hier geht es zum Originalartikel auf Englisch.
Vor dem Flug
Vergewissert euch, dass ihr vor dem Fliegen vollständig ausgeruht seid. Fatigue kann einen erheblichen Einfluss auf die Sicherheit haben. Vermeidet schwere Mahlzeiten, die eure Wachsamkeit beeinträchtigen können.
Flugplanung
- NOTAMs. Wenn ihr NOTAMs checkt, überlegt euch welche Auswirkungen die Informationen auf das Fliegen in der Nacht haben können – beispielsweise die Auswirkungen für euch, wenn die Beleuchtung eines Flugplatzes nicht funktioniert (z.B. VASIS) oder wenn die Rollwege geschlossen sind.
- Wettervorhersage. Achtet auf alles, was zu einer rapiden Verschlechterung der Sichtverhältnisse während des Fluges (auf der Strecke oder im Landeanflug) führen kann. Das Risiko eines VFR-Fluges in IMC wird in der Nacht erhöht. Achtet besonders auf die Differenz zwischen Taupunkt und Bodentemperatur und wie sich diese entwickelt. Dies kann auf Bodennebel hinweisen.
- Routenplanung und Navigation. Navigationspunkte, die euch an einem VFR-Tag nützlich sein können, sind dafür nachts nicht unbedingt auch geeignet. Denkt an markante, gut beleuchtete Autobahnkreuze oder Brücken, grössere Städte, einzigartige Inseln oder Landzungen. Überprüft diese Orientierungspunkte mit Hilfe von Funknavigationsgeräten – verlasst euch jedoch nie vollständig auf GPS. Nehmt auch immer eure Karten zur Hilfe. Denkt daran, dass euch das dezente Rotlicht im Cockpit zwar zur Nachtsicht verhilft, dass dieses aber bestimmte Tintenfarben schwer sichtbar macht. Verwendet also immer Farben, die trotz Flugzeugbeleuchtung lesbar sind.
Vorflugkontrolle
Seid beim Outside Check besonders aufmerksam. In der Dunkelheit ist es nicht immer leicht, Dinge zu erkennen, die fehl am Platz, undicht oder beschädigt sind. Eine Taschenlampe ist für eine ordnungsgemässe Inspektion unerlässlich.
Optische Täuschungen
Da ihr während Nachtflügen weniger visuelle Hinweise und Referenzen zur Verfügung habt als bei Tagesflügen (z.B. der Horizont), kann es schneller zu einer räumlichen Desorientierung kommen. Ruft euch die verschiedenen Arten der optischen Täuschungen in Erinnerung und denkt daran, wie man diese vermeiden kann. Fragt andere Piloten, die eure Route schon geflogen sind, welche typischen Illusionen sie auf dieser Strecke erlebt haben.
- Somatogravic und Somatogyral Illusions – Sogenannte Scheindrehungen und Illusionen des Steigens oder Sinkens sind die häufigsten Formen falscher Empfindungen. Diese können auftreten, wenn kein klarer Horizont sichtbar ist und ganz auf der Basis von externen visuellen Referenzen geflogen wird.
- Runway Visual Perspective – Diese optische Täuschung kann dazu führen, dass der Pilot oder die Pilotin die Piste falsch einschätzt. Dadurch kann es zu zu kurzen oder harten Landungen, zu einem Überschiessen der Landebahn, aber auch zu einer räumlichen Desorientierung oder zum Kontrollverlust kommen.
- Autokinetischer Effekt – wenn man auf einen einzelnen Lichtpunkt vor einem dunklen Hintergrund starrt, kann es so aussehen, als würde dieser sich bewegen. So kann es vorkommen, dass Sternen oder Planeten fälschlicherweise als Flugzeuge identifiziert werden. Um dies zu vermeiden, behält immer euer normales Scanmuster bei.
- Falscher Horizont – Ein falscher Horizont kann auftreten, wenn der natürliche Horizont verdeckt oder schlecht erkennbar ist. Dazu kann es kommen wenn helle Sterne und Stadtlichter verwechselt werden oder während zum Ufer eines Ozeans oder grossen Sees geflogen wird. Aufgrund der relativen Dunkelheit von Wasser können die Lichter entlang der Küste mit Sternen am Himmel verwechselt werden.
Eine gute Möglichkeit zur Vermeidung von Nachtillusionen ist der Flug von und zu Flughäfen mit Visual Approach Slope Indicator (VASI) oder Anflugbefeuerungssystemen.
Verwendung von Fluginstrumenten
Wenn du beabsichtigst nachts zu fliegen, verbessert eine Instrumentenflugausbildung selbst bei klarem Wetter deine Chancen auf eine sichere Reise.
Der Einsatz von Fluginstrumenten in Verbindung mit visuellen Referenzen erhöht die Sicherheit und reduziert das Risiko von optischen Täuschungen. So zum Beispiel die Verwendung des Vertikal Speed Indicator (VSI) zur Sicherstellung einer positiven Steigrate beim Start in ein “schwarzes Loch” oder die Verwendung des Attitude Indicator zur Ergänzung eines leicht sichtbaren Horizontbezugs.
Geländevermeidung
Auch bei sehr guter Sicht und wolkenlosem Himmel sind Hindernisse und Gelände nicht immer leicht zu erkennen. Besonders wenn wenig künstliche Beleuchtung (Städte etc.) und/oder kein Mondlicht vorhanden ist. Passt die Cockpitbeleuchtung an, um eure Nachtsicht zu verbessern und Reflexionen zu reduzieren.
Beachtet die Minimum Sector Altitude (MSA) auf eurer Karte – höher als die MSA zu fliegen, hilft euch dabei, jederzeit die Hindernis- und Geländefreiheit zu gewährleisten.
Top-Tipp, um eure Leben zu retten
Wenn ihr in der Nacht auf eurer Reiseflughöhe oder auch beim Absinken Bodenlichter sehen könnt und diese plötzlich verschwinden, überlegt euch, sofort hochzuziehen. Möglicherweise liegt ein dunkler Grat oder eine Hügelkuppe auf eurem Flugweg.
Bild: Bernhard Baur
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